Seit einigen Jahren, schaue ich mehr oder weniger regelmäßig das Medienmagazin Zapp im NDR. Ich finde es immer wieder sehr spannend zu sehen, was in der letzten Woche so in den Medien passiert ist, wer sich daneben benommen hat, welche Zeitung wieder über zurückgehende Verkaufszahlen jammert oder pleite gegangen ist (PRINT IS DEAD!!), eine gewisse Einordnung zu Themen zu bekommen, die in der letzten Zeit die Gemüter erhitzt haben und ich einfach ignoriert habe (z.B. Naidoo beim ESC), aber auch um einen gewissen Blick hinter die Kulissen der Medien zu bekommen.
Was mich in all den Jahren immer gestört hat, war dass zu wenig auf die Sachen geschaut wurde, die im Internet passiert sind, was ja schließlich auch ein Medium ist und den Alltag von vielen Menschen stärker beeinflusst, als die klassische Zeitung.
Gestern (27.01.16) war es dann so weit. Zapp berichtete über Podcasts, um die es still geworden sein soll und welche nur wieder eine Renaissance haben sollen.
Eingeleitet wurde mit einem alten iPod Nano, denn wie wir uns erinnern, war es Apple, die im Jahre 2005 mit der Integration von Podcasts in iTunes und dem iPod den Grundstein für die Weiterentwicklung gelegt hat.
Gezeigt wird wie Holgi in einer Küche sitzt, ein Headset auf hat und offensichtlich eine neue Folge für WRINT produziert.
Nach einem kurzen Interview, gibt es eine goldene Brücke zum Sender Radio Eins, welcher im letzten Jahr mit der Podcast-Reihe „Wer hat Burak erschossen?“ von Philip Meinhold, das Format Podcasting für mehr, als nur die Resteverwertung der normalen Hörfunksendungen ausprobiert hat.
Und natürlich gab es wieder die Frage, ob Podcasts das klassische Radio verdrängen werden.
Ich habe mir dazu nun mal ein paar Gedanken gemacht, denn einiges ist zumindest meiner Meinung nach falsch an diesem Bericht.
Beginnen wir mal damit, dass Podcasts nie wirklich weg waren. Ganz im Gegenteil, ist der Podcast-Konsum in den letzten Jahren immer weiter gestiegen und immer mehr Menschen podcasten.
Zwar hat sich an der Machart der deutschen Podcastlandschaft nicht viel geändert, aber dafür hat sich in der Produktion einiges geändert. So ist die Aufnahmequalität durch bessere Mikrofone und Auphonic um einiges gestiegen. Viele Podcaster bieten mittlerweile mehr als nur das reine Audiofile, sondern auch Kapitelmarken und Shownotes. Insbesondere das Projekt Shownotes hat seit 2011 einen wesentlichen Beitrag zum Durchsuchen von Podcasts geliefert.
Und sind wir mal ganz ehrlich, so hat doch die erste Generation der Podcaster keine Ahnung gehabt, was sie tun und deswegen nur von den Amerikanern kopiert. Doch das ist ok, denn wir haben deren Konzept weiterentwickelt und die positiven Eigenschaften wie die Professionalität übernommen und die negativen Eigenschaften wie Werbung durch Spenden ersetzt. Und wie es aussieht ist die Spendenbereitschaft der Deutschen dafür höher als bei den Amerikanern. Mal unter uns, podcasten ist ein nicht gerade preiswertes Hobby. Und dafür etwas Geld zu bekommen ist schon schön.
Auch diese immer wieder gestellte Frage, ob Podcasts das klassische Radio ersetzen werden regt mich auf.
Neeeein, Podcasts werde nicht den Rundfunk ersetzten sie erweitern einfach nur das Angebot. Gut, wer häufiger mal mit dem Auto durch Deutschland fährt, weiß dass in weiten Teilen der Bundesrepublik Radio hören zu müssen eine echte Strafe ist. Hier sind Podcasts sicherlich eine Alternative.
Dennoch hat Radio einen ganz entscheidenden Vorteil und der ist, die Einfachheit es zu benutzen. Beim Radio drücke ich auf einen Knopf oder lege einen Schalter um und es kommt Ton raus. Wenn ich einen Podcast hören möchte, muss ich mit Glück nur das Controll Center hochziehen und spiele den aktuellen Podcast weiter ab. Doch im Allgemeinen, muss ich erst mein iPhone entsperren, den Podcast Client öffnen, eine Sendung aussuchen und dann abspielen. Manchmal sogar erst noch runterladen. Mein Badezimmerradio kann ich im Halbschlaf bedienen. Beim iPhone bin ich zufrieden, wenn ich den Wecker im Halbschlaf ausschalten kann.
Eigentlich ist diese Hürde noch viel größer, denn wenn ich nicht im Browser hören möchte, muss ich ersteinmal einen Podcatcher installieren. Bloß welchen? Dann muss ich entscheiden, was ich hören möchte. Interessiere ich mich für Technik, Kultur, Politik, Filme, Wissenschaft oder Gesellschaft?
Ich empfehle immer erst einmal CRE, Resonator, Raumzeit und manchmal noch etwas öffentlich rechtliches.
Gut, in Zeiten von Smartphones ist es einfacher geworden. Wer sich erinnert weiß, dass man früher noch die Podcasts herunterladen musste und dann den iPod mit iTunes synchronisieren musste und das dauert und ist aufwendig.
Noch viel höher ist die Hürde einen Podcast selber zu produzieren. Natürlich kann man mit dem iPhone ein Gespräch aufnehmen und auf SoundCloud hochladen, aber das ist noch kein richtiger Podcast.
Man braucht erst einmal ein Mikrofon und einen Rechner mit einer Aufnahmesoftware. Dann muss man sich um einen Server kümmern und darauf ein WordPress installieren. Und wer das schon einmal gemacht hat, weiß wie schwierig das ist.
Nun gut. Um mal zurück auf den Beitrag zu kommen. Vielleicht ist es mal an der Zeit aus unserer Filterbubble heraus zu kommen. Wenn ich durch meine Twitter-Timeline schaue, kennen alle Podcasts, sehr viele hören sie und einige produzieren sogar selber welche.
Doch wenn ich schon in meine Facebook-Timeline schaue, hören die wenigsten Menschen Podcasts und auf die Idee selbst einen zu produzieren kommt eh keiner. Warum auch, RTL und WhatsApp sind doch viel spannender.
Und noch weiter außerhalb wissen viele nicht was Podcasts sind. Zwar hat Apple mit der Integration der Podcasts App in iOS für eine wesentlich stärker Bekanntheit gesorgt.
Vor einer Weile unterhielt ich mich mit jemanden, der meinte, er würde Regelmäßig Podcasts hören und als ich frage, was er denn so höre, stellte sich heraus, dass er nur öffentlich rechtliche Produktionen hört und gar nicht wusste, dass es viel mehr als nur diese Resteverwertung gibt.
Ich fand die Idee von Radio Eins sehr gut. Einen Kriminalfall zu lösen, dabei dem Autoren die ganze Zeit zu begleichen und das ganze hinterher nur als Podcast zu publizieren. Leider habe ich es noch nicht geschafft es mir anzuhören, aber so etwas sollte es mehr geben.
Podcasts sind eine Nische und damit habe ich auch kein Problem. Die Frage ist ohnehin, ob wir überhaupt aus der Nische herauswollen.
Es lebt sich doch eigentlich gar nicht so schlecht in der Nische, weil der Durck von außen auf Qualität nicht so hoch ist. Natürlich wollen wir alle mit unseren Podcasts Reichweite haben, viel Geld verdienen und die Weltherrschaft bekommen.
Aber wie sähe die Lösung aus, um aus der Nische zu kommen?
Sie müssen stärker in den Alltag integriert werden. Die Hürde einen Podcast hören zu können muss kleiner werden. Unsere Radios im Haushalt bräuchten alle eingebaute Clients, die im Sync mit unseren Smartphones sind. Wenn ich einen Podcast auf dem iPhone höre, soll es auch möglich sein ihn anschließend im Küchenradio an der gleichen Stelle weiter zu hören.
Auch in Autoradios müsste es der Fall sein. Nichts regt mich mehr auf, als im Auto als erstes mein iPhone herauszuholen und es per Klinke mit dem Autoradio zu verbinden um eine Sendung zu hören. Wenn ich mir aber die Menüstrukturen meines Autoradios anschaue, möchte ich es eigentlich nicht auch noch meine Podcasts verwalten lassen. Eventuell könnte Tesla das schaffen.
Das ganze ginge auch nur, wenn alles immer überall ordentlichen Internetzugang gäbe und das ist hier in Deutschland einfach nicht möglich.
Vielleicht sollten auch Zeitungen mal das Medium auszuprobieren. Mit einer angenehmen Stimme vorgelesene Artikel könnte ich mir durchaus vorstellen zu abonnieren. Vermutlich würde ich dafür sogar Geld bezahlen. Die Zeit scheint das momentan auf SoundCloud auszuprobieren.
Wir sind eine Nische. Eine sehr große Nische in diesem weiten Internet™. Wir haben eine sehr große Community, die sehr eng vernetzt ist, die Projekte wie Ultraschall, Shownotes, das Sendegate oder Podlove möglich gemacht haben. Wir verstehen uns untereinander recht gut und helfen uns gegenseitig. Und vor allem, ist die Distanz zwischen Produzenten und Konsumenten sehr kurz und das haben nicht einmal YouTube-Stars. Hörer können über die Kommentare oder Twitter teilweise direkt Einfluss auf die Sendung nehmen oder hinterher mit dem Podcaster in Kontakt treten.
Die klassischen Medien werden noch genug über uns berichten, wenn wir im nächsten Leben, erst einmal die Weltherrschaft an uns gerissen haben und sie dann unsere Formate versuchen zu kopieren.