10.000 Kilometer Fiesta

Nachdem, wie ihr ja bereits wisst, mein Alfa Romeo Anfang letzten Jahres auseinander fiel, brauchte ich ein neues Auto.

Schon die Suche gestaltete sich als ein wenig schwierig, da einigermaßen viele Anforderungen an den Wagen gestellt wurden. Er sollte nicht zu teuer sein, einigermaßen praktisch sein, zuverlässig sein, halbwegs sicher sein, nicht zu alt sein und nebenher irgendwie auch noch ein wenig Spaß machen.

Lange Rede kurzer Sinn, nach einiger Zeit entschied ich mich für den Ford Fiesta Mark 7. Nach längerem Suchen fand ich durch Zufall einen hellblauen Ford Fiesta Ghia, der eigentlich aufgrund seines relativ hohen Kilometerstands ausschied, da ich aber nichts besseres zu tun hatte, beschloß ich ihn mir trotzdem anzuschauen. Wie ihr euch es bereits denken könnt, ist es auch dieser Wagen geworden.

Seit Anfang Juni ist er nun mein treuer Begleiter und nach nun 10.000 Kilometern, die wir zusammen verbracht haben, ist es an der Zeit mal ein kleines Fazit zu ziehen.

Ich war eigentlich nie ein großer Freund von Ford. Ich empfand sie immer als langweilig, nicht einladend und insbesondere der Mondeo war für mich immer die Versinnbildlichung des deutschen Spießers, dessen Sparschwein nicht für einen Benz gereicht hat.

Offensichtlich ist auch Ford das aufgefallen und sie haben 2008 mit dem neuen Ka und dem Fiesta sich von diesem Image verabschiedet. Plötzlich entstanden Autos spannend aussahen und irgendwie etwas lustiges an sich hatten.

Mittlerweile hat Ford den Fahrzeugen einen neuen Kühlergrill spendiert und dieser lässt die Fahrzeuge irgendwie aggressiv aussehen.

Nun jedoch zurück zu meinem Fiesta. Der Wagen fährt sich wirklich toll. Die Lenkung fühlt sich sehr präzise und zugleich leicht an, was auf die elektronische Servolenkung zurückzuführen ist. Der Motor ist mit seinen 1,4 Litern Hubraum und seinen knapp 97 PS stark genug, um den Wagen durch die Stadt zu bewegen und auch auf Landstraßen und Autobahnen mal den einen oder anderen Überholversuch zu wagen. Natürlich muss man dafür einen Gang herunterschalten und ordentlich auf die Lampe treten. Auch das Getriebe ist ordentlich. Der Gangwechsel ist leicht und nicht hakelig. Selbst der Rückwärtsgang greift im Allgemeinen auf Anhieb.

Die Sitze sind auch auf längeren Strecken bequem und der Fahrersitz hat, zumindest in der Ghia Ausstattung, eine einstellbare Rückenunterstützung. Also eine Art Wurst, die man sich ins Kreuz drücken lassen kann.

Auch eine Sitzheizung gibt es, zwar wärmt diese nur den Allerwertesten und schaltet sich nach Benutzung nicht automatisch ab, was insbesondere auf der Beifahrerseite nervig ist und schon häufiger dafür gesorgt hat, dass ich tagelang mit eingeschalteter Sitzheizung auf der Beifahrerseite gefahren bin, ohne es zu merken, aber besser als nichts.

Apropos Heizung. Auch an kalten Tagen wird es relativ schnell warm in dem Wagen und die Front- und Heckscheibenheizung sorgt dafür, dass man im Winter nicht so lange kratzen muss und die Scheibe nicht wieder vereist.

Auch das Autoradio ist sehr gut. Es hat einen Klinkeneingang in der Mittelkonsole, was auch einer der Gründe für den Ford war, da dies dort zur Serienausstattung gehört, was selbst bei VW damals nicht üblich war.

Offensichtlich wussten die Ingenieure bei Ford auch bereits 2008, dass es mal ein iPhone 5 geben wird, was exakt auf die Getränkehalter in der Mittelkonsole passt.

Auch sonst ist das Radio sehr gut. Die Bedienelemente in der Mitte lassen sich einfach bedienen und vom Lenkrad aus, kann man es bedienen. Klangtechnisch ist es auch gut. Insbesondere Podcasts lassen sich sehr gut hören, da es nicht so basslastig ist, wie zum Beispiel bei BMW.

Auch bietet der Wagen erstaunlich viel Ladefläche für so einen kleinen Wagen. Eine zusammengerollte Matratze von 1,6 Metern Breite lässt sich einladen.

Leider lässt sich die Rückbank nicht ganz flach umklappen und steht immer etwas hoch. Das hat Kia zum Beispiel im aktuellen Picanto besser gelöst. Dort lässt sich das Sitzteil der Rückbank in den Fußraum legen und dann das Rückteil flach drüber legen, sodass man einen komplett flachen Laderaum hat.

Auch ist die Kofferraumabdeckung sehr gut durchdacht. Aus der Verkleidung kommen links und rechts zwei kleine Bolzen, auf welche dann die Abdeckung gesteckt wird. Bei BMW und Alfa sind diese Bolzen an der Abdeckung angeklebt und werden in der Verkleidung eingesteckt. Diese Halterungen, fallen bloß immer weiter raus. Bei BMW im 1er ist das sogar noch schlimmer. Die Bolzen sind nur an der Verkleidung angeklebt und haben sich bereits nach einem Jahr abgelöst.

Kommen wir nun zu den wirklich wichtigen Dingen: Straßenlage

Wie schon Top Gear gezeigt hat, kann man mit dem Wagen wunderbar bei Übungen der Royal Marines teilnehmen oder eine Corvette in einem leeren Kaufhaus abhängen. Und tatsächlich, die Straßenlage ist für so ein kleines Auto wirklich gut. Natürlich neigt der Wagen zum Untersteuern in Kurven, wenn man gleichzeitig kräftig auf die Lampe tritt, aber irgendwann greift die Traktionskontrolle und sorgt dafür, dass man nicht geradeaus weiter fährt. Auch verzeiht es einem der Wagen, wenn man mit zu hoher Geschwindigkeit auf eine Autobahnabfahrt fährt und eine scharfe Kurve kommt, mit der man nicht gerechnet hat. Auch mit über 50 Km/h in der inneren Spur um den Ernst-Reuter-Platz fahren ist kein Problem, sondern sorgt im Gegenteil für ganz viel Spaß. Dennoch ist die Federung weich genug, um über Brandenburg Waldwege zu fahren, ohne einen Bandscheibenvorfall zu bekommen.

Auch reichen die 128 Nm  wunderbar aus, ohne Probleme beim Anfahren die Reifen durchdrehen zu lassen und mit ein wenig Gefühl bei Wechsel in den zweiten Gang, noch einmal Kurz die Haftung zu verlieren. Das war selbst mit dem Alfa vorher nur auf nassen Straßen möglich. Auch ist der Motor angenehm leise im normalen Betrieb und hat so einen leicht dumpfen Sound im Auspuff beim Gas geben, den ich echt cool finde.

Das Ganze hat auch allerdings seinen Preis. Die von Ford angegebenen Verbräuche von 5,7 L/100 Km sind nicht einmal ansatzweise einzuhalten. Trotz ausgeschalteter Klimaanlage kommt man, wenn man sich sehr zusammenreißt auf der Landstraße auf knapp 5 Liter, sobald man mehr in der Stadt unterwegs ist sind es über 7 Liter und wenn man es auf der Autobahn mal krachen lässt, kommt man deutlich über 8 Liter.

Gut man leidet auf hohem Niveau, wenn man bedenkt, dass beim Alfa zuvor Verbräuche unter 10 Litern kaum denkbar waren.

Aber nicht alles an diesem Wagen ist schön. Was mich wirklich stört ist, dass es kein Schiebedach gibt. Auch nicht als Sonderausstattung. Im Alfa hatte ich eins. Ich habe es zwar nicht wirklich oft benutzt und hatte viel Ärger damit, aber zu sehr habe ich diese Fahrten bei schönem Wetter mit offenen Dach genossen.

Auch der viel zu kleine Benzintank macht mich immer wieder fertig. Zwar ist es ganz angenehm beim Tanken nur für 40 Liter zahlen zu müssen, aber Reichweiten von meistens unter 600 Km nerven ziemlich. Es wäre einfach schön ein paar Liter mehr zu haben und Berlin – München in einer Tankfüllung zu schaffen, ohne konstant 90 fahren zu müssen.

Ebenfalls störend ist, dass es kein Thermometer für die Motortemeratur vorhanden ist und man nur anhand der Leerlaufdrehzahl schätzen kann, ob der Motor warm ist. Zwar kann man über eine spezielle Tastenkombination vor dem Start die Werte abfragen, aber das ist alles andere als praktisch.

Auch ist der Wagen insbesondere nach vorne sehr unübersichtlich, da die Motorhaube steil abfällt und beim Einparken ohne Parksensor vorne und hinten kaum weiß, wie viel Platz mach noch hat.

Auch wäre schön, wenn man die Traktionskontrolle abschalten kann. Zwar lässt sie einem ambitionierten Fahrer einige Freiräume, aber dennoch kann man auf verschneiten Strecken nicht so viel Spaß haben.

Natürlich kann man jetzt vorher stundenlang am Sicherungskasten herumschrauben und die Sicherung entfernen. Aber wer man das schon, nur um mal kurz ein paar Minuten Spaß zu haben.

Aber gab es doch nichts schöneres, als im Alfa auf einem leeren, verschneiten Parkplatz unterwegs zu sein, ein paar Runden zu drehen und hinterher den Wagen von allen Seiten mit Schneematsch eingesaut zu haben.

Warum hat Ford dem Getriebe keinen sechsten Gang spendiert?! Es hätte dem Getriebe sicherlich nicht geschadet. Insbesondere auf der Autobahn ist es ziemlich nervt bei 130 Km/h mit über 3500 Umdrehungen unterwegs zu sein. Zumal es bei den neueren Modellen mittlerweile einen sechsten Gang gibt. Und wo wir gerade bei Getriebe sind. Dieses leicht jammernde was das kalte Getriebe im Leerlauf hat, ist alles andere als schön.

Auch eine moderne Klimaanlage, die nicht die ganze Leistung aus dem Motor nimmt und tierisch viel Benzin verbraucht, wäre nett.

Also, jeder der auf der Suche nach einem Kleinwagen ist und eine gute Alternative zum Polo sucht, sollte den Wagen in Betracht ziehen. Zumal er im Schnitt 3000 – 4000 € preiswerter ist, als der Polo. Wer auf der Suche nach einem sportlichem Kleinwagen ist, wird eh nicht am BMW 1er mit Heckantrieb und komplett abschaltbarer Traktionskontrolle vorbei kommen.

Wer sich tatsächlich für einen Fiesta entscheidet, sollte sich einen mit 5 Türen suchen. Diese haben sich im Nachhinein als sehr praktisch erwiesen, da die Türen vorne dadurch kürzer werden und man in engen Parkhäusern besser ein und aussteigen kann und beim Einladen von größeren Gegenständen man leichter durchladen kann. Aber das gilt eh für jedes Auto. Ohnehin gibt es eh nur ein Auto, dass man als Dreitürer fahren kann und das ist der erste 3er Compact. Insbesondere mit diesem 2,5 Liter Sechszylinder, würde er garantiert in meiner Traumgarage stehen, auch wenn sie im Originalzustand nur sehr schwer zu kriegen sind.

 

Auch sollte man schauen, das größere Radio im Fiesta zu bekommen, da dies einfach schöner aussieht und Sachen, wie Bluetooth Freisprecheinrichtung hat, was meiner leider nicht hat. Auch wenn ich dafür einen schönen workaround gefunden habe. Man schließt das iPhone per Klinke an und nimmt den Anruf ganz normal entgegen. Dann kann man seinen Gesprächspartner über die Lautsprecher hören und über das eingebaute Mikro reden. Das iPhone macht dann so magic, damit keine Rückkopplung entsteht.

Tagfahrlicht ist auch ein nettes Extra, aber kein muss. Auf die Frontscheibenheizung hingegen, würde ich nicht mehr verzichten wollen.

Auch was die Motorisierung angeht, sollte man nicht zu sparsam sein. Wenn man nun nicht gerade etwas älter ist und eh nur ein wenig durch die Stadt fährt, können es ruhig mehr als 60 PS sein.

Dadurch, dass der Wagen relativ schwer ist, sollten es mindestens die 97 PS sein. Lieber sogar die die 125 PS oder sogar 140 PS aus dem 1,0l EcoBoost welcher, egal welche Kritik man ließt wohl durchaus überzeugend sein muss. Insbesondere wenn man bedenkt wie wenig Benzin er verbrauchen soll. Wie es beim Diesel ist, weiß ich nicht, aber ich vermute mal, dass auch hier die größere Maschine besser ist.

Der Fiesta ist zwar nicht mein Traumauto, aber ich würde ihn, wenn ich mir ein neues Auto der Art kaufen müsste, wieder kaufen und auch anderen Leuten, die einen Kleinwagen suchen empfehlen. Offensichtlich bin ich nicht der Einzige, der der Meinung ist, wenn man sich überlegt, dass bereits zwei Jahre nach Markteinführung über eine Million Fiesta gebaut wurden.